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Radwerk IV

Radwerk IV - Geschichte

Die Entwicklung des Radwerkes IV

Der im Zentrum Vordernbergs gelegene Holzkohlenhochofen Radwerk IV wechselte ebenso wie alle anderen Radwerke in seiner langen Geschichte mehrmals den Eigentümer. Im 16. und 17. Jahrhundert gehörte es u.a. den Radmeistern Donnersberger und Überbacher sowie der Stadt Leoben. Von 1759 bis 1805 besaßen es die Gewerken Stegmüller, die um 1761 den Floßofenbetrieb einführten. Durch die Ehe der Therese Stegmüller mit Franz Steyrer sen. gelangte das Radwerk IV an die Familie Steyrer, seit dem Tode F. Steyrers sen. im Jahre 1819 war Th. Steyrer Alleinbesitzerin des Schmelzwerkes, das 1847 ihr 1809 geborener Sohn Franz übernahm. Fr. Steyrer jun. hatte schon 1846 den nur 5,4 m hohen Ofen samt Hüttengebäude abgetragen und durch eine neue, vor allem wegen ihres monumentalen Aussehens bemerkenswerte Anlage ersetzen lassen. Der heute noch erhaltene Bau "stammt aus einer Zeit, in der die westeuropäische Hüttentechnik in die Alpenländer einzudringen begann, in der man aber noch Wert auf gute Bauformen legte". Die 1847 fertiggestellte Anlage umfaßte das Hüttengebäude und zwei Röstöfen.

Das Hüttengebäude enthielt den Hochofen (8,0 m Höhe; 1,5 m Gestelldurchmesser) mit einem massiven Ofenstock, welcher die Rauchhaube trug. Das wasserradgetriebene Gebläse lieferte den Wind durch einen Winderhitzer auf der Gicht an zwei kupferne Blasformen. Die Holzkohle lagerte auf dem "unteren Boden", die ebenso wie das Rösterz mittels Aufzug auf die Gicht gelangte. Die Ofenleistung erreichte je nach Qualität der Rohstoffe 8-10 t Roheisen/Tag.

Die Röstanlage (zwei sog. "Grammateln"), die mit dem Hüttengebäude baulich nicht in Verbindung stand, kam schon bald ausser Betrieb, weil auch das Radwerk IV sein Rösterz von der Röstanlage bei der St. Laurentius-Kirche ("Laurenti-Röst") in der Erzförderanlafe der RC bezog. Man errichtete dafür eine hölzerne Brücke zwischen dem Gichtboden des Radwerkes IV und dem Endpunkt der am linken Bachufer gelegenen Erzbahn.

Im Jahre 1877 gingen das inzwischen nur unwesentlich modernisierte Radwerk IV und seine Erzrechte auf dem Steirischen Erzberg an Otto Mayr v. Melnhof über, der im folgenden Jahr wesentliche Neubauten und Änderungen durchführen ließ.

  • Vergrößerung des Hochofens auf 11,2 m Höhe und Einbau des (neuen) Gichtbodens.

  • Zustellung nicht mehr mit Natursteinen, sondern mit Schamottesteinen.

  • Übertragung des Winderhitzers auf den Hüttenflur und Einbau einer dritten Blasform.

  • Bau einer gichtgasbeheizten Röstanlage, weil die "Laurenti-Röst" den Erzbedarf aller Radwerke nicht mehr decken konnte.

  • Bau eines Verbindungstraktes zwischen der Röstanlage und dem Hüttengebäude.

Infolge dieser Verbesserungen erhöhte sich die Schmelzleistung auf ca. 15 t Roheisen, während der Holzkohlenverbrauch pro Tonne Roheisen im Durchschnitt von 7 auf 5,5 m³ zurückging. Wesentlich größere Jahresproduktionen an Roheisen ergaben sich allerdings nicht, weil dem Radwerk nur eine gewisse Erzmenge zur Verfügung stand und außerdem häufiger Wassermangel den Betrieb störte.

Das Radwerk IV wurde 1887 an J. N. Erbprinzen zu Schwarzenberg verkauft und 1899 an die Fa. Schoeller&Co. verpachtet. Sowohl unter Schwarzenberg als auch unter dem Pächter blieb die technische Einrichtung unverändert, weil sich das Ende der gesamten Vordernberger Roheisenerzeugung teils schon deutlich abzuzeichnen begann. Im Jahre 1905 kaufte Schoeller&Co. das Radwerk IV, nachdem man kurz vorher eine Dampfmaschine und eine vierte Blasform (im Abstichgewölbe) installiert bzw. eine Brücke für Kohlenfuhrwerke auf den oberen Boden errichtet hatte. 1911 wurde der Hochofen stillgelegt und an die ÖAMG verkauft, die jedoch das bereits veraltete Radwerk nicht mehr in Betrieb gesetzt, sondern der Verschrottung und dem Verfall preisgegeben hat.

Die vor allem von Dipl.-Ing. Dr. mont. h.c. Wilhelm Schuster (1895-1976) getragenen Bemühungen, wenigstens das Radwerk IV museal zu erhalten, brachten einen gewissen Erfolg, denn 1928 stellte der Staatskonservator für Steiermark fest, dass die Anlage "... als Gegenstand von geschichtlicher und kultureller Bedeutung (Denkmal) zu qualifizieren ist ...". Trotz des Denkmalschutzes verfiel das Radwerk IV zusehends, weil die Restaurierung am Geldmangel der ÖAMG und der öffentlichen Stellen jahrelang scheiterte. Erst Ende 1938 erlaubte eine zwischen ÖAMG und Reichsgau Steiermark getroffene Vereinbarung, die im wesentlichen auf Dr. Willi Kadletz zurückgeht, eine Sanierung bzw. Erneuerung des Dachstuhles und der Dachdeckung. Die Instandsetzungsarbeiten mußten aber schon anfangs 1940 kriegsbedingt eingestellt werden und das Radwerk IV erlitt weiterhin zum Teil schwere Schäden. Endlich bildete sich 1955 unter Führung des damaligen Kulturreferenten der Steiermark, Karl Brunner, ein Proponenten-Komitee, aus dem 1956 der Verein "Freunde des Radwerkes IV in Vordernberg" mit Univ.-Prof. Dr. Erich Schwarz-Bergkampf als erstem Präsidenten hervorging.

Gemäß Übereinkommen mit der ÖAMG ist der Verein seit 11. Dezember 1957 Eigentümer der gesamten Hochofenanlage und konnte bald darauf sowohl die Restaurierung als auch die Beschaffung der technischen Ausrüstung in Angriff nehmen. Am 16. Mai 1959 wurde das Radwerk IV als für Österreich einzigartiges Museum des Eisenhüttenwesens eröffnet.

Im Rahmen des 2. Erzberg-Symposiums "Eisengeschichtliche Forschung in Österreich", das im September 1983 als "Wilhelm-Schuster-Gedenktagung" abgehalten wurde, erfolgte die Enthüllung einer "Wilhelm Schuster-Gedenktafel" an der Südfassade des Radwerkes IV.

Die internationale Bedeutung dieses eisenhüttenmännischen Bauwerkes kommt in seiner Kennzeichnung als "Historisches Wahrzeichen" (Historical Landmark) durch ASM International (American Society for Materials) im Mai 1989 zum Ausdruck. Das Radwerk IV stellt das vierte historische Wahrzeichen der ASM in Europa dar (das fünfte ist der Eiffel-Turm in Paris).